Wie in Heimbach ein kleiner Dorfladen dem Zeitgeist trotzt

2023-02-15 16:13:14 By : Ms. Tracy Zhang

Heimbach. In einem kleinen Laden im 80-Seelen-Ort Heimbach ticken die Uhren anders. Wir besuchten die beiden Betreiber, das Ehepaar Bieber. Laden und Küche liegen bei ihnen direkt nebeneinander.

Auf 120 Quadratmetern Fläche - so viel wie drei riesige Wohnzimmer - bieten Biebers ihren Kunden seitdem nahezu alles - von Nähnadeln über Nudeln bis hin zu Nutella. Auch ein Getränkemarkt gehört dazu. Es ist erstaunlich, was es alles in dem Laden gibt. Kunden können hier faxen, kopieren oder einfach nur mal schwätzen. Wenn Biebers zu Hause sind, können Kunden auch nach 18 Uhr noch vorbei kommen. Die Ladentür ist auch dann offen, wenn Biebers für eine Woche im Frühjahr verreisen - dann hilft Schwiegertochter Martina aus.

Laden und Küche liegen bei Biebers gleich nebenan. Durch eine kleine Glasscheibe in der Küchentür hat Hannelore Bieber die Eingangstür im Blick. „Wenn ein Kunde kommt, wird der Herd zurückgestellt und es wird halt eine halbe Stunde später gegessen“, sagt die Heimbächerin.

Kurz vor Mittag und morgens zwischen acht und zehn Uhr verkaufen Biebers am meisten, dann wurden auch Brot und Brötchen frisch geliefert. Jeden Donnerstag kommt ein großer Lkw der Firma Gut Kauf aus Kirchhain mit neuer Ware vorbei. Zeitungen und Zeitschriften, Uhrenbatterien oder Zigaretten werden jede Nacht zwischen zwei und drei Uhr im Keller abgelegt, der Kurier hat einen Schlüssel.

Die riesige Auswahl an Zeitschriften reicht vom neuesten Was-ist-Was-Heft für Kinder über die Landlust bis zum Playboy. „Das sind die Jagdpächter, die den mitnehmen“, so die 67-Jährige.

Leicht Verderbliches wie Käse, Sahne oder Joghurt holen Biebers Mittwochnachmittags, wenn der Laden geschlossen hat, beim Großhändler in Marburg, denn die Lkw-Lieferungen wären für das kleine Geschäft zu groß. „Heute gilt nur groß, größer, am größten“, beschreibt Karl-Heinz Bieber den Trend auf dem Lebensmittelmarkt.

„Doch bei den großen Kartonagen würde bei uns viel zu viel übrig bleiben, so viel kann ich gar nicht essen“, scherzt Bieber, der früher hauptberuflich bei der Gemeindeverwaltung Gilserberg arbeitete. „Wenn ein Kunde etwas bestimmtes wünscht, bestellen wir das auch“, sagt Hannelore Bieber.

Der Laden ist für sie ein liebgewonnenes Hobby. Eine Prise Idealismus und eine kleine Landwirtschaft mit ein paar Hausschweinen gehörte schon immer dazu. Für den Eigenbedarf schlachtet Karl-Heinz Bieber auch heute noch selbst.

„Die Stunden darf man nicht zählen, und wenn wir Miete zahlen müssten, würde es nicht gehen“, sagt er. Doch viele Kunden auch aus Schiffelbach, Lischeid, Winterscheid und Josbach seien froh, dass es den Laden gibt: „Dankbar sind die Älteren vor allem“, sagt Hannelore Bieber.

Der Laden gehört zur Familie wie die Kirche zum Dorf. Bereits während des Ersten Weltkrieges hat Heinrich Kräling dort am Ortsrand von Heimbach ein kleines Geschäft eröffnet. In dritter Generation führt den Laden Karl-Heinz Bieber, der 1995 die Scheune neben dem Wohnhaus umbaute und das Geschäft erweiterte.

Seine Frau Hannelore Bieber wird in Zukunft eher ihren Gemüsegarten verkleinern als das Geschäft schließen. Denn: „Wenn es nicht mehr wäre, würde etwas fehlen“.

Hintergrund: Einziger Laden in Großgemeinde 

Seitdem in Gilserberg nicht nur das Lebensmittelgeschäft, sondern auch der Discounter geschlossen hat, erlebte Biebers Nachbarschaftsladen einen Aufschwung. Die wenigsten Kunden machen jedoch ihren Haupteinkauf in Heimbach, die meisten kommen, wenn ein Päckchen Mehl oder Backpulver fehlt. „Neulich waren mal vier Kunden gleichzeitig im Geschäft, aber so etwas kommt nur einmal im Monat vor“, sagt Karl-Heinz Bieber. Trotzdem: „Sich darüber aufzuregen lohnt sich nicht“, sagt Hannelore Bieber.